Frankfurt -- 2050 AD

Trotz aller Wirren und Probleme (vor allem die Kriege in Mittel- und Osteuropa) blieb Deutschland immer noch ein Staatengebilde, wenn auch mit Einführung des Amtes des ewigen Kanzlers keine Demokratie mehr. Auch Frankfurt, obwohl inzwischen ein Metroplex so groß wie ca. ein Drittel von Hessen, blieb eine ganz normale Stadt ohne Sonderstatus. Durch die übergreifenden Steuerreformen und das Herunterwirtschaften der eigenen Industrie gegen Ende des 20.Jahrhunderts stieg in Frankfurt die Kriminalität und die Armut weiter an. Der Polizei fehlten bald die Mittel gegen organisierte Kriminalität, Banden und Drogenhandel. Im Jahr 2007 übernahmen die Banken schließlich gemeinsam die Stadtverwaltung. Die Polizeiorganisation wurde straffer und der Stadtkern schließlich gesäubert. Frankfurt dehnte sich weiter aus und verleibte sich die umliegende Landkreise ein. Der größte Coup gelang den Banken 2019 mit der legalen Baugenehmigung im Taunus-Natur-Park, um dort die wohl größte Villengegend in Mitteleuropa zu erschließen.

Heute, im Jahr 2050, erstreckt sich der Stadtkern von Frankfurt von den Stadtteilen Mainz bis Hanau in Ost-West-Richtung und von Friedberg bis Darmstadt in Nord-Süd-Richtung. Dieser Teil der Stadt umringt die ehemalige Altstadt Frankfurt. Um den dichtbesiedelten Stadtkern herum gruppieren sich die neueren Stadtteile von Gießen bis Mannheim. Die Gebäude im Altstadtbereich sind ausschließlich höher als zehnstöckig, während es in neueren Arealen ausgedehnte Wohngebiete mit zwei- bis dreistöckigen Häusern gibt. Die meisten einstmaligen Feld-, Wald- und Wiesengebiete sind heute mit einheitlichen Appartmenthäusern zugebaut. Die Hauptausdehnung geschah in den ersten Jahren des 21.Jahrhunderts entlang der Hauptverkehrswege und der Autobahnen. Das Verkehrsnetz enfaltete sich fast wie von selbst in den neu erschlossenen Gegenden. Auch das inzwischen bewachte Nahverkehrsnetz wuchs mit der Stadt bis in die neu erschlossenen Gegenden. So geht die U-Bahn heute durch den gesamten Stadtkern.

Die heruntergekommensten Stadtteile befinden sich zwischen Friedberg und dem Vogelsberg und zwischen Darmstadt und Offenbach. Hier sind das elektrische System und die Wasserleitungen nicht mehr vollständig intakt und Häuser mit Fensterscheiben eine Seltenheit. Vom westlichen Rand des Vogelsberges bis in seine Tiefen erstreckt sich der größte Vorstadt-Slum Frankfurts.

In der Umgebung von Darmstadt gab es in der Anfangszeit des 21.Jahrhunderts einen gewaltigen Bauboom für Bürogebäude und Appartementhochhäuser. Viele der damals errichteten Gebäude wurden während der großen Rezession heruntergewirtschaftet und stehen heute fast vollkommen leer. Darmstadt wurde zu einer Art gesetzlosen Zone und wird jetzt von verschiedenen Banden regiert. Die meisten Hochhäuser sind bis auf die untersten Etagen verlassen und leergeräumt. Die Polizei traut sich nur noch in Krisenfällen mit schwerster Ausrüstung in diese Gegend.

Innerhalb des Stadtgebietes Frankfurt gibt es mehrere Vergnügungsviertel. Friedberg war schon zu der Zeit, als es an Frankfurt angegliedert wurde, zu einer Hochburg der Spieler und käuflichen Menschen verkommen. Heute gibt es dort insgesamt vierzig Kasinos und einige hundert kleinere Etablissements. Büdingen, eine der ehemals schönsten Städte Deutschlands, wurde mit seiner Historischen Altstadt zu einer Touristenattraktion und stellt eine Art Enklave in der Vogelsberggegend dar. Die zum Vergnügungspark Büdingen führende Straße ist so gut gesichert und bewacht, weshalb sie als die einzige Straße in den Vogelsbergslums gilt, auf der man nicht häufig eine Kugel in den Reifen bekommt.Im Park selbst kann man alle typisch deutschen Dinge, wie etwa Schwarzwalduhren, Weißbier, Pizza, muschelbesetzte Schmuckkästchen, Lederhosen und Brezeln erwerben.

Der Flughafen Frankfurt bekam in den Jahren 2004-2012 einen großen Ableger zwischen den Stadtteilen Offenbach und Aschaffenburg. Jeder Widerstand gegen das riesige Projekt wurde mit Gewalt gebrochen. In dieser Zeit entstanden die Öko-Kämpfer, die sich bewaffnet gegen den Neubau auflehnten. Der neue Flughafen hat je eine Start- und Landebahn in jede Himmelsrichtung. Eine riesige Kuppel überdacht den gesamten Flughafen. An der Innenseite der Kuppel, gesäumt von Einkaufsgalerien, bewegen sich Flugzeuge in Ebenen übereinander. Der Öffentlichkeit wurden nie genaue Daten über diesen Bau zugänglich.

In der Altstadt, der ehemaligen Innenstadt Frankfurts, gab es inzwischen mehrere Bauskandale, angeblich sogar Morde wegen Bauplätzen. Der Platzmangel führte bald zu immer größeren Hochhäusern. Das größte Gebäude ist die Arcologie einer sehr großen Versicherung, die mit einer Höhe von 1453 Metern und einer Grundfläche an der Basis von 250 mal 250 Metern, die sich bis in die Höhe von 300 Metern auf 100 mal 150 Meter verjüngt, alle anderen Bankgebäude um nochmals gute 150 Meter überragt. Das Gebäude besitzt einen eigenen Brunnen mit Filtersystemen, eigene Kraftwerke und einige unterirdisch gebaute Farmen und Zuchtlabors. Damit ist es völlig autark. Für die Bewachung des Gebäudes und für die innere Sicherheit stehen 5000 bewaffnete Hilfskräfte zur Verfügung, die auch mit Panzern, Kampfhubschraubern und auf dem Dach mit einer Luftabwehr ausgestattet sind.

Die Zeil wurde durch diverse Tiefgaragen nach unten und durch eine vollständige Überdachung in der Höhe des 8.Stockwerkes nach oben erweitert. Alle in dieser jetzt riesigen Einkaufs- und Vergnügungspassage ansässigen Geschäfte zahlen Abgaben für Detektive und spezielle Sicherheitsfirmen. Das Wachpersonal tritt außer an den Haupteingängen in Zivil auf. Zusätzlich gibt es einige schwere Einsatzkommandos für Krisenfälle.

Nachdem das gesamte der Messe zur Verfügung stehende Gelände verbaut war, beschlossen die Messebetreiber ca. 2027, eines der gewaltigsten Gebäude der Stadt zu errichten. Das neue Messegebäude wurde einfach über das gesamte alte Messegelände gebaut. Die verwunderliche Architektur erlaubt es dem Besucher, an einigen Stellen aus ca. 40 Metern Höhe das alte Gelände durch den Fußboden der untersten Etage zu betrachten. Der Messeturm blieb als Eckpfeiler stehen, und man errichtete ihm gegenüber ein Pendant in doppelter Höhe.

Im ganzen Stadtgebiet ist der Waffenbesitz legalisiert. Jeder die Polizei bezahlende Bürger bekommt einen Waffenschein und darf eine nichtautomatische Faustfeuerwaffe besitzen, um sich selbst und seinen Besitz gegen andere zu verteidigen, da die Polizei sowieso nicht mehr genug Personal hat. Der große Umschwung kam mit der Machtübernahme der Banken. Die Polizei bekam die Erlaubnis, härter vorzugehen, und wurde mit besseren Geräten ausgerüstet. Der moderne Polizist ist mittelschwer bewaffnet und durchquert die Straßen unauffällig in zivil. Die SEKs (Sonder-Eingreif-Kommandos) sind vollgepanzert und sehr schwer bewaffnet. Sie kommen mit schnellen, gepanzerten Gruppenfahrzeugen oder Hubschraubern. Eine Person, die keine ID-Nummer besitzt, gilt für die Polizei praktisch als vogelfrei. Im Zweifelsfall wird erst geschossen und dann gefragt. Die Eingabe des Firmenbeirats der Stadt, Polizisten mit Richterbefugnissen auszustatten, wurde bis jetzt allerdings noch nicht verwirklicht.

Wie überall hat sich auch in Frankfurt eine große Lücke zwischen Ober- und Unterschicht aufgetan. Der bürgerliche Mittelstand existiert praktisch nicht mehr. Auf der einen Seite gibt es die Konzernangehörigen, die Reichen und die Stinkreichen, auf der anderen Seite die Lohnsklaven. Die vielen ID-losen, die in den verkommenen Slums leben, und die Gesetzlosen der Straße zählen für niemanden. Aber gerade das macht diese Leute für die Machenschaften der Konzerne nützlich. Keiner kennt oder vermißt sie.

Magie

Um das Jahr 2050 herum gibt es in fast jedem Metroplex eine magische Universität. Diese Universitäten haben sich hauptsächlich der magischen Forschungstätigkeit verschrieben, bieten ihre Dienste aber auch auf dem freien Markt an, um sich zu finanzieren. Die Lehrer auf diesen Universitäten suchen sich nur die wirklich Begabten heraus. Die Aufnahmekriterien variieren allerdings von Schule zu Schule. Auf der Straße leben meist Magier, die aus dem Universitätsbetrieb ausgestiegen sind oder ,,ausgestiegen wurden``. Es gibt auch einige wenige Naturtalente, die sich ihre Magie selbst beigebracht haben sollen. Solche Zauberer werden meist Straßenmagier genannt.

Spirituelles

Kleriker gibt es in fast allen Glaubensgemeinschaften, ob Sekten oder Religionen. Meist arbeiten diese Kleriker in Niederlassungen ihres Glaubens, sprich Kirchen, Moscheen, etc. Es ranken sich viele Geschichten um ,,Missionare``, die auf der Straße leben und sterben, um für ihren Glauben einzutreten.

Es gibt zwei Arten von Druiden. Die einen leben total zurückgezogen in den wenigen von der Umweltverschmutzung verschont gebliebenen Wäldern, die sie pflegen und gegen jeglichen Schaden fanatisch schützen. Andere, die auf der Straße leben, werden Schamanen oder auch Straßenschamanen genannt. Sie haben sich einer kleinen Gruppe verschworen und betreuen sie geistlich. Solche Glaubensrichtungen sind sehr natur- und erdverbunden, meist indianisch oder keltisch. Es gibt auch Schamanen, die mit Straßengangs zusammenleben.

Kontakte

Jeder Charakter, der neu in ein Cyberpunk-Szenario eingeführt wird, hat natürlich einen Hintergrund. Er kennt nicht nur die anderen Charaktere der Spielergruppe, sondern hat auch Freunde oder Bekannte. Der Spieler sollte sich zusammen mit dem Spielleiter diese Kontakte ausdenken. Solche Verbindungen können elementar in einem Spielgeschehen werden. Was machen die Charaktere zum Beispiel mit Bildern aus dem größten Kunstraub der Weltgeschichte, wenn sie die Bilder nicht bei einem Hehler für einen wenigstens einigermaßen angemessenen Preis loswerden können? Auch ein bekannter Kfz-Mechaniker kann nützlich sein, wenn die Charaktere z.B. schnell und legal ein neues Auto benötigen oder ihre Autos aufmotzen wollen. Ohne einen legalen Waffenschein kann niemand in einem Waffenladen ein Gewehr oder eine Pistole kaufen. Allerdings gibt es viele Waffenschieber auf der Straße, die eine Pistole verkaufen, und sogar einige Leute, die andere kennen, die vielleicht einen richtigen Waffenhändler kennen. Bei diesen Geschäftsmännern kann man dann für einen angemessenen Preis vielleicht auch schwere Waffen bekommen.

Mit etwas Phantasie, einem passenden Hintergrund und der richtigen Situation kann jeder noch so unwichtig erscheinende Kontakt von Bedeutung sein.

Das NET in Frankfurt

Der Betreiber des Frankfurter NETs ist ein Tochterunternehmen von NETwork, dem Betreiber des WeltNETses, mit dem absoluten Monopol auf alle NET-Technologie. Für eine geringe Grundgebühr kann jeder Haushalt an das NET mit einem EBM-Interface angeschlossen werden, da überall im Stadtbereich Leitungen dafür vorhanden sind (ähnlich dem Telefonnetz Ende des 20.Jahrhunderts). Das Interface dient als Bildprojektor, Datenbankterminal, Heimcomputer, aber auch als Anlage zum Abspielen von Film- und Musikdatenträgern. Natürlich kann man auch jeden Film über das NET bestellen und gegen Bezahlung ansehen. Die Qualität der Filme ist ASR-Standard.

Dasselbe NET dient auch den Firmen und Konzernen in Frankfurt als Schnittstelle zur Außenwelt. Nicht nur die Kommunikationseinrichtungen sind damit verbunden, sondern in der Regel auch alle Computer- und EBM-Systeme. Das Frankfurter NET dient oftmals auf Wunsch von NETwork als Versuchsfeld für neue NET-Technologien.

Mögliche Abenteuer

Die Spieler können einfache Typen von der Straße spielen, die sich mit ihren Alltagsproblemen herumschlagen. Das beinhaltet einige Schießereien, viel Zoff im allgemeinen und wilde Verfolgungsjagden durch Frankfurt. Die Großstadt bietet aber noch eine Vielzahl von anderen Abenteuern an. Die Charaktere könnten ein Runnerteam sein, das sich für Datendiebstähle mieten läßt oder das Überlaufen eines wichtigen Angestellten überwachen soll. Vielleicht engagiert sie ein Kleriker, um einen wichtigen okkulten Gegenstand aus dem Urwald oder aus der Wüste zu bergen. Es könnte auch sein, daß einige aus der Gruppe mit ihrer Vergangenheit von der Polizei erpreßt und gezwungen werden, sich in das Organisierte Verbrechen einzuschleusen.

Ein Team sollte nicht nur aus Kämpfern bestehen. Es empfiehlt, sich einen Decker und einen Zauberer egal welcher Art dabei zu haben, um auch ausgefallenere Aufträge erledigen zu können. Ein beliebtes Hobby der Konzerne des Jahres 2050 ist der Datendiebstahl, der meistens kombinierte Aktionen in der echten und in der Welt der Datennetze erfordert.

Wie wichtig ein übersinnlich begabtes Teammitglied ist, sollte jeder Runner wissen, der sich klar macht, daß auch die Konzerne ihre Zauberer auf der Lohnliste haben und gerade für ihre Sicherheitssysteme große Beträge ausgeben.

Der Spielleiter sollte nicht aus den Augen verlieren, daß die meisten Runner von der Straße kommen. Sie leben ohne ID irgendwo in den heruntergekommenen Vierteln der Stadt. Dementsprechend sollten die Motive der meisten Charaktere sein. Reichtum, eine ID oder vielleicht auch der Ruhm eines großen, gefürchteten Namens auf der Straße sind Ziele, für die es sich lohnt, etwas zu riskieren.